In vielen Zukunftsbranchen fehlen bereits jetzt Fachkräfte. Allein in der Pflege werden es bald bis zu 100.000 sein. Es muss daher jetzt in Weiterbildung, Umschulung und Qualifizierung investiert werden! Rendi-Wagner und Gerstorfer präsentieren Lösungen.
Arbeitsmarkt und Wirtschaft erholen sich langsam. Doch noch immer sind rund 350.000 Menschen in Österreich ohne Job. Dabei gibt es zwei Problembereiche: Die Langzeitarbeitslosigkeit verfestigt sich; rund 130.000 Menschen sind bereits länger als ein Jahr arbeitslos mit geringeren Chancen am Arbeitsmarkt. Das zweite große Problem ist der Fachkräftemangel. Unsere Vorsitzende, Klubobfrau Pamela Rendi-Wagner war in den letzten Wochen viel in Österreich unterwegs – zuletzt in Oberösterreich. Was sie aus den vielen Gesprächen mit Unternehmer*innen und Belegschaft mitgenommen hat: Es mangelt an qualifizierten Arbeitskräften. In vielen Bereichen, etwa der Pflege, hat sich die Situation durch Corona noch verschärft. Aber auch im Bereich der Energiewende fehlen Arbeitskräfte. „Die Umstellung auf erneuerbare Energien geht nicht von selbst. Alleine für den Netzausbau, für das Errichten von Windrädern, Photovoltaikanlagen, E-Mobilität, Tausch von alten Ölheizungen etc. brauchen wir rund 70.000 bis 100.000 Arbeitskräfte in den nächsten Jahren“, macht Rendi-Wagner deutlich.
Ausbildung als Schlüssel
„Die Frage lautet also: Wie lösen wir den Fachkräftemangel heute und in Zukunft? Die Antwort ist: ausbilden, ausbilden, ausbilden!“, stellt Rendi-Wagner klar. Gemeinsam mit Birgit Gerstorfer, SPÖ-Oberösterreich-Vorsitzende und Soziallandesrätin, hat Rendi-Wagner im „Roten Foyer“ Lösungsvorschläge präsentiert, um den Fachkräfteturbo in Österreich zu zünden. Es muss an drei wesentlichen Schrauben gedreht werden und der Fokus auf Neueinsteiger*innen, Umsteiger*innen und Arbeitssuchende gelegt werden.

Lehre aufwerten
Um besonders junge Leute für Zukunftsbranchen zu gewinnen, in denen Arbeitskräfte fehlen, ist für Rendi-Wagner klar: „Die Lehre muss aufgewertet werden“. Mit einer fairen Bezahlung. Außerdem müssen alle finanziellen Hürden abgebaut werden.
- Wir fordern 850 Euro für alle Lehrlinge ab dem 1. Lehrjahr.
- Wir wollen, dass die Meisterprüfung – wie die Matura – kostenlos ist.
- Die Pflegeausbildung muss ebenfalls kostenlos sein.
- Während der Pflegeausbildung sollen alle Auszubildenden – wie etwa Polizeischüler*innen – ein Gehalt von 1.700 Euro bekommen.
Qualifizierungsgeld Neu: Auskommen ermöglichen
Für jene Menschen, die bereits einen Beruf haben und sich weiterqualifizieren möchten, muss die öffentliche Hand Unterstützung anbieten und die Menschen motivieren. Wir schlagen ein Qualifizierungsgeld Neu vor, das für die Zeit der Weiterbildung ein Auskommen ermöglicht und den Fleckerlteppich an unterschiedlichen Förderungen ersetzt. „Und zwar in einer Höhe, dass die Menschen sich diese Umschulung auch leisten können“, unterstreicht Rendi-Wagner. Wir wollen, dass das Qualifizierungeld mindestens 70 Prozent des Gehalts beträgt. Und da eine Weiterbildung oft länger dauert als ein Jahr, soll es dieses Geld für bis zu drei Jahre geben.
500-Euro-Umstiegsbonus für Arbeitssuchende
Was Arbeitssuchende betrifft, muss das oberste Ziel sein, diese aus der Arbeitslosigkeit herauszuholen und dorthin zu führen, wo es die meisten Fachkräfte braucht. „Wer arbeitslos ist und sich in einen Beruf, wo händeringend nach Leuten gesucht wird, umschulen lassen will, dem muss der rote Teppich ausgerollt werden“, macht Rendi-Wagner klar. Unser Vorschlag: Für sie soll es einen Umstiegsbonus von 500 Euro monatlich zusätzlich zum Arbeitslosengeld geben. Auch hier bis zu drei Jahre lang.
Rendi-Wagner: Es braucht einen Fachkräftepakt
„Klar ist: Mit gezielter, vorausschauender Beschäftigungspolitik muss es gelingen, den Fachkräfteturbo zu zünden“, macht Rendi-Wagner klar. Und: „Das geht nur mit einem Fachkräftepakt. Zwischen der öffentlichen Hand einerseits und der Wirtschaft andererseits. Das geht nur Hand in Hand und mit Blick in die Zukunft.“ So sind Unternehmen, von denen in den letzten Monaten viele Hilfsgelder in Milliardenhöhe erhalten haben, gefordert, Lehrstellen anzubieten.

Gerstorfer für 1.000-Euro-Bildungsbonus in OÖ
In Oberösterreich gibt es etwa gleich viele offene Stellen wie Arbeitssuchende. Für SPÖ-OÖ-Chefin Gerstorfer ist das ein Auftrag, „die Menschen zu unterstützen am Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, dort, wo es Beschäftigung gibt, und Unternehmen zu unterstützen, jene Arbeitskräfte zu finden, die sie brauchen“. Sie fordert für Oberösterreich einen „massiven Input in die Bildung“. Denn: „Qualifikation ist der Schlüssel.“ Neben Arbeitssuchenden müssen aber auch Beschäftige in den Fokus rücken. Sie müssen dabei unterstützt werden, sich weiterzubilden und weiter zu qualifizieren. Gerstorfer will, dass allen Oberösterreicher*innen ein Bildungsbonus von 1.000 Euro zur Verfügung gestellt wird. Auch sie fordert, finanzielle Hürden abzubauen.
Potenzial der Frauen nutzen – Kinderbetreuung ausbauen
Außerdem muss – insbesondere in Oberösterreich – die Kinderbetreuung ausgebaut werden. Denn bei den Frauen liegt ein riesiges Potential, um den Fachkräftemangel zu bekämpfen. 54 Prozent der Frauen in Oberösterreich arbeiten Teilzeit. Auch beim Gender-Pay-Gap ist Oberösterreich Schlusslicht. „Es muss in den Ausbau der Kinderbetreuung investiert werden. Wir müssen Möglichkeiten für Frauen schaffen, einer Arbeit nachzugehen und echte Wahlfreiheit zu haben. Sie bekräftigt daher die SPÖ-Forderung nach einem Rechtsanspruch auf kostenlose Ganztagsbetreuung ab dem 1. Lebensjahr. Das ermöglicht besonders Frauen, sich weiterzubilden oder neu zu qualifizieren – und das vielleicht im wichtigen Zukunftsbereich Pflege.
Beschäftigungsgarantie „Frage der Würde“
Man darf auch nicht auf jene vergessen, „die bereits lange Durstrecken hinter sich haben“ und seit mehr als einem Jahr arbeitslos sind. Gerstorfer kritisiert, dass unter der Regierung Kurz I das Erfolgsmodell der Aktion 20.000 gestrichen wurde. Alleine in OÖ haben durch das Programm 3.000 Menschen einen Job in einem gemeinnützigen Bereich gefunden. Sie fordert nach Vorbild der Aktion 20.000 eine “Beschäftigungsgarantie“: Jede*r Arbeitslose soll Anspruch auf eine Stelle haben. Dazu sollen von der öffentlichen Hand geförderte Stellen geschaffen werden. „Das ist eine Frage der Würde“ und ist außerdem von „volkswirtschaftlichem Nutzen“, betont Gerstorfer.