Die Kurz-Regierung peitscht Gesetze ohne Begutachtung durch, parlamentarische Anfragen werden nur unzureichend beantwortet. Die SPÖ fordert von der Regierung mehr Respekt gegenüber dem Parlament ein und will dessen Kontrollmöglichkeiten ausweiten.
Am 1. Oktober ist das österreichische Bundesverfassungsgesetz 100 Jahre alt. „Es ist Herz und Grundfeste unserer Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“, betont unsere Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner. Es hat gezeigt, dass es besonders auch für Krisenzeiten – wie das Platzen der Regierung beim Ibiza-Skandal oder die Bekämpfung der Corona-Pandemie – gerüstet ist. Doch die Grundprinzipien unserer Verfassung sind keine Selbstverständlichkeit, „sondern müssen gerade in Krisenzeiten bewahrt und verteidigt werden“, stellt Rendi-Wagner klar. Hier kommt dem Parlament eine wichtige Rolle zu. Doch hinsichtlich Transparenz und Kontrolle gibt es Aspekte im Verfassungsgesetz, die 2020 nicht mehr zeitgemäß sind. Im 21. Jahrhundert sollte die staatliche Verwaltung gegenüber der Bevölkerung möglichst offen und die parlamentarische Kontrolle möglichst umfassend sein. Der SPÖ-Parlamentsklub hat daher ein Paket für mehr Transparenz und Kontrolle erarbeitet.
Kein Respekt gegenüber dem Parlament
Dem Parlament kommt bei der Gesetzgebung die zentrale Rolle zu. Es ist auch ein wichtiges Instrument der Kontrolle der Arbeit der Regierung. Doch die Regierung zeigt immer wieder mangelnden Respekt gegenüber dieser wichtigen Funktion des Parlaments. „Gesetze werden im Eiltempo durchgepeitscht, falsche Ausschüsse werden mit Themen befasst, weil der Vorsitzende genehmer ist“, kritisiert unser stv. Klubvorsitzender Jörg Leichtfried.
Regierung liefert keine Antworten
Besonders zeigt sich die Respektlosigkeit aber bei der Beantwortung von parlamentarischen Anfragen: „Keiner der Abgeordneten hat je eine Zeit erlebt, wo jedes Ministerium derart gleichgeschaltet keine Antworten mehr gibt“, sagt Leichtfried. Diese Praxis hat unter Türkis-Blau angefangen und wird von Türkis-Grün fortgesetzt. Beispiel AUA: Auf die Frage, ob sich Kanzler Kurz mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel getroffen hat, gab es keine klare Antwort. Und SPÖ-Abgeordnete Nurten Yilmaz berichtet von einer Beantwortung durch Integrationsministerin Raab: „Ich habe 60 Fragen gestellt, keine einzige beantwortet bekommen.“
SPÖ für mehr Transparenz und Kontrolle
Für uns ist klar: Mit der Respektlosigkeit gegenüber dem Parlament muss Schluss sein. Wir wollen daher Möglichkeiten schaffen, eine bessere Beantwortung parlamentarischer Anfragen zu erreichen und insgesamt für mehr Transparenz und Kontrolle zur sorgen:
- Prüfrecht beim Verfassungsgerichtshof:
- Jene fünf Abgeordneten, die eine parlamentarische Anfrage unterstützt haben, sollen sich mit grundsätzlichen Fragen an den VfGH wenden können.
- Der VfGH hat dann Leitsätze festzulegen, welche Grenzen für die Beantwortungen von Anfragen bestehen und wo Anfragen unbedingt beantwortet werden müssen.
- Außerdem wollen wir eine Verkürzung der Antwortfrist bei parlamentarischen Anfragen von derzeit acht auf drei Wochen.
- Kontrolle von staatnahen Unternehmen:
- Auch bei staatsnahen Unternehmen fordern wir mehr Kontrollmöglichkeiten für das Parlament.
- Das Fragerecht und die Antwortpflicht könnte etwa direkt an die jeweiligen Vorstandsmitglieder gerichtet werden oder diese sind gegenüber dem zuständigen Bundesminister bei allfälligen parlamentarischen Anfragen antwortpflichtig zu machen, der dann die Anfrage beantworten kann und muss.
- Transparenz durch Corona-Kontrollausschuss:
- Insgesamt rund 50 Mrd. Euro an Steuergeld kosten die Corona-Hilfsmaßnahmen, die der Finanzminister freihändig vergeben kann. Wir fordern, dass es dafür eine ordentliche parlamentarische Kontrolle in einem Unterausschuss des Budgetausschusses gibt.
- Dieser Corona-Kontrollausschuss soll medienöffentlich sein – die SteuerzahlerInnen haben ein Recht zu erfahren, was mit dem Geld passiert und ob die Hilfen ankommen.
- Mehr Rechte für die BürgerInnen – Gesetz zur Informationsfreiheit:
- Wir fordern, dass endlich, wie von ÖVP und Grünen lange angekündigt, ein Vorschlag für ein Gesetz zur Informationsfreiheit vorgelegt wird.
- Es ist höchst an der Zeit, die Artikel (BVG) zur Amtsverschwiegenheit zu streichen und durch moderne Bestimmungen über die Informationsfreiheit zu ersetzen.
- Gewisse Ausnahmen werden auch in Zukunft zu definieren sein (z.B nationale Sicherheit, Recht auf Datenschutz Dritter); dieser Katalog muss jedoch im Interesse der Transparenz so eng wie möglich gehalten werden.